Der Übergang von der Schulzeit in Ausbildung und Arbeit stellt junge Menschen vor viele Herausforderungen, für die sie auf Ansprechpartner angewiesen sind, die wissen, was sie brauchen und wo sie diese Hilfe bekommen können. Eltern begleiten ihre Kinder entsprechend ihren Kenntnissen und Möglichkeiten, sind jedoch in der Regel selbst auf Informationen angewiesen, manche haben auch selbst Bedarf an Unterstützung.
Die Arbeit von Senta Volk und Helmut Zillober zeigt deutlich, dass die (ehemalige) Schule für Jugendliche eine entscheidende Anlaufstelle ist: An ihrer Schule fühlen sich die meisten Jugendlichen nicht nur wohl, sondern auch sicher – auch nach ihrem Schulabschluss besteht ihr (ehemaliges) soziales Netzwerk weiter und viele kommen gerne immer wieder „zu Besuch“. Aus diesem Grund hat die Martinschule Augsburg mit Hilfe von LERNEN FÖRDERN in Augsburg das Projekt „Ehemaligentreffen und Nachsorge“ ins Leben gerufen. Die beiden Hauptinitiator:innen Senta Volk, Heilpädagogin an der Martinschule, und Helmut Zillober, Vorsitzender des LERNEN FÖRDERN Landesverbands Bayern e.V. zeigten dabei viel Engagement und Beharrlichkeit. Der Aufbau des Projekts wurde mit Fördermitteln des Zentrums Bayern Familie und Soziales (ZBFS) unterstützt.
Die Schulzeit macht für die meisten Kinder und Jugendlichen einen wichtigen Teil ihres Lebens aus. Sie erleben sich als Teil eines sozialen Netzwerks und können wichtige Beziehungen außerhalb ihres Elternhauses aufbauen. Besonders für Kinder und Jugendliche mit Lernbehinderungen werden ihre Lehrer:innen, Sozialarbeiter:innen oder Betreuer:innen aus mehrjährigen Schul- und Vereinsprojekten dabei oft wichtige Bezugspersonen. Bezugspersonen, die sie gut kennen, die für sie da sind und mit ihnen über ihre Sorgen und Schwierigkeiten sprechen können. Diese Bezugspersonen verlieren Jugendliche nach ihrem Schulabschluss oft abrupt.
Erfahrungen von Senta Volk und Helmut Zillober bestätigen dies. Oft schauen „Ehemalige“ spontan in den Räumlichkeiten der Schule vorbei oder freuen sich sehr, wenn man sich zufällig auf einem Stadtteilfest oder einer Veranstaltung über den Weg läuft. Bei diesen unbeschwerten Gesprächen zeigt sich immer wieder, dass etliche junge Erwachsene nicht wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sie Probleme haben.
Ein Erlebnis hat Senta Volk besonders eindrücklich gezeigt, dass insbesondere Jugendliche mit Lernbehinderungen, die über kein stabiles Elternhaus oder stabile Beziehungen verfügen, schnell in der Luft hängen können: „Ein ehemaliger Schüler kam eines Vormittags spontan in der Schule vorbei. Er hatte Probleme in der Ausbildung. Eigentlich brauchte er ‚nur‘ etwas Nachhilfe, um sich auf eine Prüfung vorzubereiten. Doch als er kam, fand sich spontan kein Ansprechpartner. Wir haben anschließend noch versucht, Unterstützung zu organisieren, aber die kam leider zu spät – er war schon durchgefallen.“
Hier kam die Idee auf: Sollen wir nicht einen festen Ort mit festen Zeiten einrichten, damit Ehemalige wissen, wohin sie kommen können und wissen, an wen sie sich wenden können? Einen Ort, an dem sie auch einfach so mal vorbeikommen können. Denn viele Unterstützungsbedarfe ergeben sich oft erst im Gespräch. Einigen fällt es schwer, konkret um Hilfe zu bitten, anderen ist oft nicht bewusst, dass sie Hilfe brauchen und auch erhalten können.
Aus dieser Idee entstanden zwei unterschiedliche Angebote:
Seit März 2025 findet das Ehemaligen-Café einmal im Monat in der Mensa der Martinschule in Augsburg statt: Ein Ort, der den Ehemaligen gut bekannt ist und zu dem sie gerne – ohne Hemmungen oder Unsicherheit – kommen können. Hier kennen sie sich aus und fühlen sich sicher.
Der Weg dorthin war nicht einfach. Vor allem für die ersten Treffen musste viel telefoniert, kontaktiert, nachgehakt und nachgefragt, erinnert und erklärt werden. Ohne Beharrlichkeit und wiederholte Telefonate hätte das erste Ehemaligen-Café sicher nicht stattgefunden.
Profitieren konnte Senta Volk auch von ihrer Arbeit an der Schule und dem Schulkonzept, wodurch sie als Ansprechpartnerin vielen Schülerinnen und Schülern gut bekannt ist. Zudem hilft die aktive Einbindung der Schulgemeinschaft in den Sozialraum: Bei Stadtteilfesten (Adventsmarkt Oberhausen, Nachbarschaftsfest, Familienfest des Kinderarbeitskreises Oberhausen…) „trifft man sich“.
Die Beharrlichkeit hat sich übrigens gelohnt: War es beim ersten Treffen noch schwierig, Ehemalige zu aktivieren, kommen sie inzwischen nicht nur von selbst, sondern erinnern sich gegenseitig daran und machen sogar Werbung dafür: Ehemalige empfehlen das Café weiter, bringen Freunde/Freundinnen oder Geschwister mit.
Auch die „Werbung“ in der 9. Klasse war nur im ersten Jahr nötig, in dem viele noch skeptisch waren. Doch mittlerweile melden sie sich und fragen nach dem nächsten Termin. Die „Jüngeren“ freuen sich, wenn sie bald auch dabei sein dürfen.
Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen spüren, dass alle im Ehemaligen-Café ein offenes Ohr für ihre Sorgen haben, dass man ihnen zuhört, sie tröstet, aber auch berät. Nach wie vor kommen die Ehemaligen spontan vorbei, weil sie ihre ehemaligen Lehrkräfte besuchen wollen, sie rufen jetzt aber auch vorher an und fragen, wann jemand da ist. Nach und nach erzählen sie dann, wobei sie Unterstützung benötigen. Ganz konkret konnten schon eine Ausbildungsstelle vermittelt und massive Schulden bei einer Krankenkasse abgewendet werden.
Lutzstr. 62
86157 Augsburg
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